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Unser Grundsatzprogramm

Grundlagen für ein besseres Jurastudium

Letzte Änderung: 24. November 2024

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Die bildungspolitische Ausrichtung des BRF

Grundsatzpapier

Das Grundsatzprogramm spiegelt die bildungspolitische Ausrichtung des BRF wider. Es ist eine systematische Sammlung von Forderungen und Positionen des BRF zu solchen Belangen des Studiums, der juristischen Ausbildung und der Verfassung der Hochschulen und Studierendenschaften,die für den Verein eine dauerhafte und besondere Bedeutung haben. Einerseits dient es als Arbeitsgrundlage für die Organe des Vereins und seine Mitglieder. Außerdem soll es interessierten Personen einen Überblick darüber verschaffen, wie wir uns als BRF das ideale Jurastudium vorstellen.

Ausarbeitung & Weiterführung des Programms

Die Ausarbeitung und Weiterführung des Grundsatzprogramms obliegen der Mitgliederversammlung. Antragsberechtigt sind die Gremien und die Mitglieder. So wird gewährleistet, dass die Meinungen aller juristischer Fachschaften Gehör und ggf. ihren Weg in dieses Papier finden. Sofern Ergebnisse von Tagungen und Arbeitskreisen als Forderungen im Grundsatzprogramm aufgenommen werden sollen, sind diese entsprechend zu formulieren und passend in das bestehende Grundsatzprogramm einzubetten.

I. Konzeptionierung des Jurastudiums

§ 1 Wahrung der volljuristischen Ausbildung

1Die fachliche Breite der juristischen Ausbildung (volljuristische Ausbildung) soll für die klassischen juristischen Berufe (Richter:innenamt, Staatsanwaltschaft, Rechtsanwaltschaft, Notariat) beibehalten werden. 2Entsprechend soll das Studium Kompetenzen vermitteln, die für alle juristischen Berufe grundlegend sind.

§ 2 Jura als Selbststudium

1Das Jurastudium soll den Charakter eines Selbststudiums beibehalten. 2Dies gewährt den Studierenden Freiheit im Hinblick auf die individuelle Gestaltung des Studiums und fördert die Selbstständigkeit.

§ 3 Bachelor of Laws

(1) An allen rechtswissenschaftlichen Fakultäten und Fachbereichen ist der Erwerb eines Bachelor of Laws zu ermöglichen.

(2) Der Bachelor of Laws soll in das bestehende Jurastudium integriert und nach Erbringung bestimmter Prüfungsleistungen automatisch vergeben werden.

(3) 1Der Bachelor of Laws soll grundsätzlich einer allgemeinen juristischen Ausbildung entsprechen. 2Die Zulassungsvoraussetzung für Master of Laws-Studiengänge muss gegeben sein.

(4) 1Die Inhalte des juristischen Studiums sollen modularisiert werden. 2Der tatsächliche Arbeitsaufwand ist in ECTS zu messen.

§ 4 Diplomjurist:in

Allen Absolvent:innen der ersten Prüfung soll die Möglichkeit eingeräumt werden, auf Antrag den Titel „Diplomjurist“, “Diplomjuristin” oder einen gleichwertigen akademischen Titel verliehen zu bekommen.

§ 5 Reformierung des Jurastudiums

(1) 1Das Jurastudium bedarf einer grundlegenden Reform. 2Insbesondere soll im Studium ein stärkerer Fokus auf Methodik und Systematik gelegt werden, anstatt auf die reine Wissensreproduktion.

(2) 1Die derzeitige juristische Ausbildung ist mitursächlich für die Existenz und den Erfolg kommerzieller Repetitorien. 2Die Hochschule ist dafür verantwortlich, die Studierenden angemessen auf ihren Abschluss vorzubereiten. 3Ein erfolgreicher Abschluss der ersten Prüfung muss auch ohne den Besuch privatwirtschaftlicher Repetitorien möglich sein.

§ 6 Konzeptionierung der Lehrveranstaltungen

Die klassische Konzeption der Veranstaltungen in Vorlesungen, Seminaren und Arbeitsgemeinschaften ist als Grundlage beizubehalten und soll durch zusätzliche innovative Angebote der Hochschule erweitert werden; zum Beispiel durch online-basierte Lehrangebote, fakultäts- und fachbereichsinterne Moot Courts oder Förderkurse.

II. Einstieg ins Studium

§ 7 Jura vor dem Jurastudium

1Erste grundlegende juristische Kenntnisse sollen bereits in der Schule vermittelt werden. 2So erhalten Schüler:innen vor dem Jurastudium einen Einblick in die Rechtsordnung und erwerben hilfreiche Kenntnisse für das alltägliche Leben.

§ 8 Studieninteressierte

Damit sich Studieninteressierte angemessen und niedrigschwellig informieren können, soll ein freiwilliger Eignungstest für das Jurastudium oder ein Fragenkatalog zur Selbstreflexion bereitgestellt, sowie ein „Schnupperstudium“ für Schüler:innen unterstützt und ausgebaut werden.

§ 9 Studienanfänger:innen

(1) 1Gerade zu Beginn des Studiums besteht ein Mangel an Informationen bezüglich der Studienfinanzierung und der Studieninhalte, insbesondere der Prüfungsordnung, der Anforderungen des Jurastudiums, der Fähigkeiten für das juristische Handwerk und der Berufsaussichten. 2Es sollen daher geeignete Informationsveranstaltungen angeboten und Informationsmaterialien leicht zugänglich zur Verfügung gestellt werden.

(2) Um den Einstieg ins Studium zu erleichtern, ist zu Beginn ein universitäres Propädeutikum anzubieten, in dessen Rahmen ein Überblick über die Studieninhalte gegeben wird und die Grundzüge der juristischen Methodenlehre erklärt werden.

§ 9a Zwischenprüfung

(1) 1Die Zwischenprüfung ist so zu konzipieren, dass die Basiskompetenzen der juristischen Arbeitsweise und die inhaltlichen Grundbestandteile der Pflichtfächer überprüft werden können. 2Sie soll eine fundierte Grundlage bieten, auf der eine informierte Abbruchentscheidung getroffen werden kann.

(2) Es ist sicherzustellen, dass das Bestehen der Zwischenprüfung an allen Hochschulen gleichermaßen anerkannt wird.

III. Hochschulwesen

§ 10 Hochschulverfassung

(1) 1Eine Hochschule ist die Gemeinschaft von Lernenden und Lehrenden. 2Die Hochschulen haben das Recht auf Selbstverwaltung. 3Entscheidungen müssen in demokratischen Gremien durch die Angehörigen aller Statusgruppen getroffen werden (Gruppenhochschule). 4Im Senat einer Hochschule sind alle Gruppen paritätisch zu beteiligen.

(2) Die Freiheit von Forschung, Lehre und Studium bedingen sich gegenseitig und müssen gewahrt werden.

(3) 1Um ein freies Studium und ehrenamtliches Engagement zu ermöglichen, sind Freisemester für die Tätigkeit in Gremien der Hochschule und Studierendenschaft zu gewähren. 2Die studentischen Vertreter:innen erhalten Aufwandsentschädigungen für die Teilnahme an Gremiensitzungen.

(4) 1Die Hochschulverwaltung fördert alle Gremienwahlen, indem sie Informationen zur Wahl an alle Wahlberechtigten leitet und zur Wahlbeteiligung aufruft. 2Die Verwaltung soll geeignete Infrastruktur bereitstellen. 3Dies umfasst eine Plattform für alle Informationen zu den Wahlen, insbesondere Informationen zu eingereichten Listen und Kandidaturen, sowie analoge Werbemöglichkeiten.

§ 11 Hochschulfinanzierung

(1) 1Die finanzielle Situation der Hochschulen ist zu verbessern. 2Eine bedarfsorientierte Ausfinanzierung ist durch die Grundfinanzierung aus den Haushaltsmitteln der Länder in Kooperation mit dem Bund sicherzustellen. 3Eine Abhängigkeit der Hochschulen von Drittmitteln und kurzlebige oder rein projektbezogene Forschung wird abgelehnt.

(2) 1Die Grundfinanzierung muss erhöht werden, um den wachsenden Aufgaben der Hochschulen im Bereich Digitalisierung der Hochschule, Lizenzerwerb, Hochschulbau und Sanierung bei wachsenden Studierendenzahlen und einer heterogenen Studierendenschaft gerecht zu werden. 2Zu den Anforderungen einer heterogenen Studierendenschaft zählen unter anderem Ausgaben für eine familienfreundliche Hochschule, die Unterstützung der Studieneingangsphase für einen Zugang zur Hochschule für alle Bildungsschichten sowie die Unterstützung von Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen.

(3) 1Bei der Mittelverwendung ist ein Gleichgewicht zwischen Ausgaben für Forschung und Lehre herzustellen. 2Die Finanzierung guter und besserer Lehre ist entscheidender Bestandteil der Hochschulfinanzierung. 3Der Bund soll von seiner Kooperationsmöglichkeit auch im Bereich der Lehre umfassend Gebrauch machen. 4Staatliche Projektförderung im Bereich rechtswissenschaftlicher Forschung soll sich insbesondere auf folgende Forschungsbereiche fokussieren:

  1. antirassistische Gestaltung des Rechts und Aufarbeitung von Justizunrecht,
  2. Gleichberechtigung und Gleichbehandlung im Recht,
  3. Klimaschutz im Recht,
  4. Einfluss der Digitalisierung auf das Recht und
  5. Strafprävention

(4) 1Es sind keine Studiengebühren, egal welcher Art, zu erheben. 2Entwicklungen im Rahmen einer leistungsorientierten Mittelvergabe zulasten der Grundfinanzierung und im Bereich der Exzellenzinitiative werden abgelehnt.

§ 12 Studierendenschaft

(1) 1An allen Hochschulen sind Studierendenschaften als rechtsfähige Teilkörperschaften der Hochschule zu bilden. 2Den Studierendenschaften ist gesetzlich das Recht auf Selbstverwaltung einzuräumen.

(2) 1Die Studierendenschaften handeln als Solidargemeinschaften. 2Eingeschriebene Studierende einer Hochschule sind automatisch Mitglied der entsprechenden Studierendenschaft. 3Ein Austritt aus der Studierendenschaft ist nicht zu ermöglichen.

(3) 1Das Selbstverwaltungsrecht muss auch das Recht erfassen, einen eigenen Haushalt zu führen und Beiträge von den Mitgliedern zu erheben. 2In Einzelfällen sollte eine Beitragsfreistellung möglich sein.

(4) 1Auf Landesebene sind obligatorische Zusammenschlüsse der Studierendenschaften einzurichten. 2Diese Zusammenschlüsse sind bei Änderungen des Hochschulrechts und anderer Normen, die Studierende in besonderer Weise betreffen, vom Normgeber anzuhören.

§ 13 Fachschaft

(1) 1Die Studierendenschaft soll sich in Fachschaften gliedern. 2Die Fachschaften vertreten die Studierenden in fachspezifischen Angelegenheiten. 3An Hochschulen mit mehreren Fakultäten oder Fachbereichen soll mindestens eine Fachschaft je Fakultät oder Fachbereich gebildet werden. 4Den Fachschaften ist ein haftungssicheres Selbstorganisationsrecht einzuräumen. 5Sie sind im Rahmen einer angemessenen Haushaltsführung mit ausreichend Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben auszustatten. 6Selbstbewirtschaftungsmittel sollen möglich sein.

(2) 1Die Angelegenheiten der Fachschaften sind von einem oder mehreren Kollegialorganen (Fachschaftsorgane) zu entscheiden. 2Zu den wesentlichen Aufgaben der Fachschaftsorgane zählen insbesondere

  1. die Vertretung der Interessen der Studierenden des Fachs gegenüber dem Dekanat, innerhalb der Studierendenschaft und durch überörtliche Fachschaftsverbände gegenüber der Politik,
  2. die Beratung der Studierenden des Fachs in Belangen des Studiums sowie
  3. die Förderung der Begegnung und des Austausches zwischen den Studierenden des Fachs.

(3) 1Die studentischen Vertreter:innen in den Hochschulgremien haben ein freies Mandat. 2Zwischen den studentischen Vertreter:innen und den Mitgliedern der Fachschaftsorgane soll ein enges Austauschverhältnis bestehen. 3Eine entsandte Person der Fachschaftsorgane sollte beratendes Mitglied des Fakultäts- oder Fachbereichsrats sein.

(4) Bei Satzungsänderungen innerhalb der Studierendenschaft, die die Rolle und Aufgabenwahrnehmung der Fachschaften betreffen, sind die Fachschaften einzubeziehen.

(5) 1Der BRF begrüßt freiwillige Zusammenschlüsse von Fachschaften auf Landesebene. 2Diese Zusammenschlüsse sind bei Änderungen des Rechts der juristischen Ausbildung vom jeweiligen Normgeber anzuhören.

§ 14 Arbeitsbedingungen für studentische und wissenschaftliche Mitarbeitende

(1) Es ist durch einen Tarifvertrag sicherzustellen, dass studentische Mitarbeitende eine angemessene Entlohnung, mindestens 130 % des gesetzlichen Mindestlohns, erhalten sowie in Personalräten vertreten sind.

(2) Die Hochschule hat die Mitarbeitenden über ihre Rechte auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aufzuklären und ermöglicht eine niedrigschwellige Geltendmachung.

(3) Befristete Arbeitsverhältnisse sind grundsätzlich abzulehnen.

(4) 1Stellen für studentische Hilfskräfte und wissenschaftliche Mitarbeitende sind auszuschreiben. 2Die Ausschreibungen an der Fakultät oder dem Fachbereich sind über eine zentrale Stelle mindestens hochschulöffentlich bekannt zu geben.

IV. Ausgestaltung der Lehre

§ 15 Finanzierung der Lehre

Die Studierenden im Wege von Studiengebühren zur Finanzierung des Studiums heranzuziehen, ist abzulehnen.

§ 16 Mündliche Fähigkeiten stärken

1Mündliche Fähigkeiten müssen in der juristischen Ausbildung gefördert werden. 2Insbesondere der freie Vortrag und erweiterte mündliche Prüfungssituationen sollen verstärkt eingebaut werden. 3Die Dozierenden sind dazu angehalten, mündliche Beteiligung und Diskussionen in Lehrveranstaltungen zu fördern.

§ 17 Klausurentraining

1Es besteht ein hoher Bedarf im Klausurentraining. 2Hiermit soll möglichst früh und umfassend begonnen werden. 3Daher sollen regelmäßig freiwillige Klausurenkurse und Schreibwerkstätten angeboten werden.

§ 18 Korrekturen schriftlicher Leistungen

(1) 1Alle schriftlichen Prüfungsleistungen während des Studiums sind pseudonymisiert zu korrigieren. 2Es empfiehlt sich eine Zuordnung zu Kennziffern; den Korrigierenden darf maximal die Matrikelnummer bekannt sein.

(2) 1Es sind einheitliche Korrekturstandards und Bewertungskriterien für schriftliche Prüfungsleistungen festzulegen und zu veröffentlichen. 2Mit der Klausur ist den Korrigierenden unmittelbar ein Erwartungshorizont oder Vergleichbares auszuhändigen. 3Die Korrekturen erfolgen fair und möglichst objektiv, sind qualitativ hochwertig, transparent, nachvollziehbar, inhaltlich begründet und enthalten eine möglichst detaillierte Rückmeldung zu Wissensstand und Bearbeitungstechnik des:der Studierenden. 4Den Studierenden sind geeignete Lösungsskizzen zu den behandelten Fällen in einer einheitlichen vergleichbaren Qualität zur Verfügung zu stellen.

(3) 1Die genannten Korrekturstandards dienen insbesondere der Gewährleistung der Möglichkeit zum Widerspruch gegen Prüfungsbewertungen. 2Diese Möglichkeit muss allen Studierenden pseudonymisiert, unter transparenten, fairen und einheitlichen Bedingungen ermöglicht werden.

(4) 1An dem 18-Punkte-System kann grundsätzlich festgehalten werden, jedoch müssen die Anforderungen an die einzelnen Punktzahlen detailliert definiert und transparenter dargestellt werden. 2Zudem muss eine einheitliche und faire Umrechnungstabelle eingeführt werden, die eine Anrechnung der Prüfungsleistungen in anderen Studiengängen erlaubt.

§ 18a Wiederholungsklausuren

1Die Hochschulen sind aufgefordert, zu jeder Klausur einen weiteren Schreibtermin anzubieten. 2Dieser soll zeitnah nach dem ersten Termin folgen.

§ 19 Methodenlehre

(1) 1Die juristische Ausbildung ist in ihrer jetzigen Form zu sehr auf das Verfassen von Klausuren ausgerichtet. 2Eine Reduzierung zugunsten anderer Prüfungsformate ist notwendig.

(2) Andere Prüfungsformate können insbesondere in die Schwerpunktbereichsprüfung und die Grundlagenfächer eingebunden werden.

(3) Beispiele für andere Prüfungsformate sind Seminare, Moot Courts, Law Clinics und mündliche Prüfungen.

§ 20 Wissenschaftskompetenzen

1Jede Fakultät und jeder Fachbereich bietet Veranstaltungen zur spezifischen Vermittlung von Wissenschaftskompetenz an. 2Ziel dieser Veranstaltungen ist es, den Studierenden beim Verfassen von wissenschaftlichen Texten einen Leitfaden an die Hand zu geben. 3Dabei sollen die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens, die Entwicklung eines Arbeitsplans, Quellenrecherche, der Umgang mit wissenschaftlichen Texten, Zitiertechnik, die formalen Anforderungen wissenschaftlicher Arbeiten, Bezüge zu den Grundlagen und Grundlagenfächern, Rechtsvergleichung, Stil, Ausdruck und Textstrukturierung im Fokus stehen.

§ 21 Alternative Prüfungsformate

(1) 1Die juristische Ausbildung ist in ihrer jetzigen Form zu sehr auf das Verfassen von Klausuren ausgerichtet. 2Eine Reduzierung zugunsten anderer Prüfungsformate ist notwendig.

(2) Andere Prüfungsformate können insbesondere in die Schwerpunktbereichsprüfung und die Grundlagenfächer eingebunden werden.

(3) Beispiele für andere Prüfungsformate sind Seminare, Moot Courts, Law Clinics und mündliche Prüfungen.

1Alle Lehrenden, insbesondere Professor:innen und Tutorien-/AG-Leiter:innen, müssen eine rhetorische und fachdidaktische Ausbildung und Weiterbildung absolvieren. 2Diese soll aus einem praktischen und theoretischen Teil bestehen. 3Besagte Fortbildung soll u.a. die praktische Unterrichtserfahrung, die Aufarbeitung von Lehrmaterialien sowie die Vermittlung des Lehrstoffes umfassen.

§ 22 Digitalisierung der Lehre

(1) 1Die Hochschulen stellen den Fakultäten oder Fachbereichen, Dozierenden und Studierenden geeignete und nutzerfreundliche digitale Infrastruktur zur Studienorganisation zur Verfügung. 2Dies umfasst Plattformen zur AG- sowie Prüfungsan- und -abmeldung, digitale Vorlesungsverzeichnisse, digitale Datenbanken und digitale Lernplattformen. 3Inhalte sollen schnell und unkompliziert zugänglich und auffindbar sein.

(2) 1Die Nutzung digitaler Medien in der Lehre (E-Learning) soll gefördert, neue Angebote sollen etabliert und bestehende erweitert werden. 2Zweck des E-Learnings ist es, ein Wiederholungsangebot zu geben und die Flexibilität der Studierenden zu fördern, um der Vielfalt der Lerntypen und der individuellen Lebensumstände (Krankheit, Schwangerschaft, Berufsleben, etc.) gerecht zu werden.

(3) Vorlesungen sollen aufgezeichnet und als Podcast oder Video, ggf. unter gleichzeitiger Einblendung der verwendeten Präsentationsfolien, online zur Verfügung gestellt werden.

(4) Zu allen Lehrveranstaltungen sollen auf einer zentralen Lernplattform vorlesungsbegleitende Materialien zur Verfügung gestellt werden.

(5) 1Die Hochschule ermöglicht den Studierenden den digitalen Zugang zu juristischer Fachliteratur über Online-Datenbanken wie z.B. juris oder beck-online. 2Dieser Zugang soll auch außerhalb des Campus möglich sein.

(6) Es soll eine deutschlandweite Lernplattform (orientiert an der Virtuellen Hochschule Bayern) etabliert werden.

(7) Die Hochschulen sollen lernunterstützende Software zur Kontrolle des Erlernten – vergleichbar mit „Jura Online“ – kostenfrei bereitstellen.

§ 23 Fachdidaktik

1Alle Lehrenden, insbesondere Professor:innen und Tutorien-/AG-Leiter:innen, müssen eine rhetorische und fachdidaktische Ausbildung und Weiterbildung absolvieren. 2Diese soll aus einem praktischen und theoretischen Teil bestehen. 3Besagte Fortbildung soll u.a. die praktische Unterrichtserfahrung, die Aufarbeitung von Lehrmaterialien sowie die Vermittlung des Lehrstoffes umfassen.

§ 24 Evaluierung von Lehrveranstaltungen

(1) Es soll eine verbindliche und regelmäßige Evaluation aller Lehrveranstaltungen erfolgen.

(2) Es wird empfohlen, im Rahmen des jeweiligen Evaluationsprogramms Lehrpreise zu vergeben.

§ 25 Förderung von Lerngruppen

1Austausch und Diskussionen mit anderen Studierenden fördern die juristische Ausbildung. 2Die Fakultäten sollen daher die Entstehung von Lerngruppen erleichtern, insbesondere durch eine unbürokratische Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Lernräumen.

V. Inhalte des Studiums

§ 26 Praxisbezug

1Im Studium ist verstärkt der Bezug zur juristischen Berufspraxis herzustellen. 2Dies gelingt insbesondere durch qualitativ hochwertige Praktika, den Besuch verschiedener Einrichtungen wie
Ministerien oder Gerichtsvollzieher:innen, die Zulassung von Handkommentaren in schriftlichen Prüfungen und die Hinzuziehung von Dozierenden aus der juristischen Praxis, wie Rechtsanwält:innen und Richter:innen.

§ 27 Interdisziplinarität

(1) 1Das Recht einschließlich des Pflichtfachstoffes ist in den Lehrveranstaltungen vermehrt aus dem Blickwinkel anderer Fachdisziplinen zu beleuchten. 2Den Studierenden sind die entsprechenden methodischen Kompetenzen zu vermitteln. 3Das wissenschaftliche Gespräch und der Austausch mit Studierenden anderer Fachdisziplinen soll gefördert werden.

(2) 1Sofern keine entsprechenden Angebote an den juristischen Fakultäten oder Fachbereichen vorhanden sind, sollen diese ermöglichen, Prüfungsleistungen anderer Fakultäten oder Fachbereiche anzurechnen. 2In den Schwerpunktbereichen soll die Anrechnungsmöglichkeit für entsprechende andere Fachdisziplinen bestehen.

§ 27a Kritisches Jurastudium

(1) 1Innerhalb des Pflichtfachstoffes muss eine Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur stattfinden. 2Über die ethischen Grundlagen hinaus muss die kritische Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Ideologien und deren rechtlichen Mechanismen und Ausdrucksformen als Veranstaltungen verpflichtend aufgenommen werden.

(2) 1Wünschenswert ist die Förderung von Angeboten kritischer Rechtslehre, die etwa feministische und antirassistische Themen im Recht aufgreifen. 2Dies soll sicherstellen, dass künftige Generationen von Jurist:innen über vielfältige Lebensrealitäten aufgeklärt sind und diese in der Anwendung des Rechts einbeziehen können.

(3) 1Die Studierenden sollen aus aktuellen und vergangenen Rechsstaatskrisen lernen, wie ein demokratisch resilienter Rechtsstaat aufrechterhalten und gestärkt werden kann. 2Dabei sollen sie ein Bewusstsein für die Verantwortung von Jurist:innen in diesem Prozess entwickeln.

§ 28 Legal Tech

(1) 1Die Digitalisierung der Rechtsberufe, insbesondere der Einsatz von Legal Tech, ist in den Lehrinhalten der Hochschulen zu berücksichtigen. 2Legal Tech beschreibt den Einsatz von modernen, computergestützten, digitalen Technologien, um Rechtsfindung, -anwendung, -zugang und -verwaltung durch Innovationen zu automatisieren, zu vereinfachen und zu verbessern.

(2) 1Die Fakultäten und Fachbereiche bieten Lehrveranstaltungen, Seminare oder Schlüsselqualifikationskurse zu Legal Tech und Rechtsfragen der Digitalisierung an. 2Zudem sollen diese Thematiken, sofern passend, in bestehende Lehrveranstaltungen einbezogen werden.

(3) Die Fakultäten und Fachbereiche benennen eine:n wissenschaftliche:n Beauftragte:n für Legal Tech in der Lehre.

§ 29 Europäisierung und Fremdsprachenausbildung

(1) 1Dem Europarecht muss ein höherer Stellenwert in der juristischen Ausbildung beigemessen werden. 2Daher ist die Vorlesung Europarecht ab dem zweiten Semester mit einer begleitenden Arbeitsgemeinschaft (AG) anzubieten. 3Die juristischen Bibliotheken sind zudem mit aktuellen Büchern zum Europarecht aufzustocken.

(2) Auch die Rechtsordnungen über die europäischen Grenzen hinaus sollen im Studium thematisiert und im Vergleich zur deutschen Rechtsordnung betrachtet werden.

(3) 1Die Fremdsprachenausbildung soll fundiert und professionell durch Dozierende mit juristischem Hintergrund, die in der jeweiligen Sprache die Niveaustufe C2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) oder eine vergleichbare Qualifikation innehaben, angeboten werden.2Außerdem soll die Anwendung deutschen Rechts in Fremdsprachen gefördert werden, um den Erfordernissen der Praxis gerecht zu werden.

VI. Staatliche Pflichtfachprüfung

§ 30 Inhalte

(1) 1Derzeit belohnt die staatliche Pflichtfachprüfung vor allem das an der reinen Wissensreproduktion orientierte Lernen. 2Dies steht im Widerspruch zum Leitbild methodisch denkendender Jurist:innen, das von allen deutschen Hochschulen immer wieder eingefordert wird. 3Der Pflichtfachstoff des Staatsexamens muss daher einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

(2) 1Der Pflichtfachstoff soll bundesweit vereinheitlicht werden, ausgenommen der landesrechtsbezogenen Klausuren im öffentlichen Recht. 2Der Umfang des Pflichtfachstoffes muss genau und präzise formuliert sein. 3Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass einzelne Rechtsgebiete nur “im Überblick” oder “in Grundzügen” Gegenstand der Prüfung sind.

(3) Eine übermäßige Wissensabfrage in den Bereichen der Grundlagenfächer in der staatlichen Pflichtfachprüfung verfehlt das pädagogische Ziel der Methodenkompetenz.

§ 31 Hilfsmittel

(1) Die in der staatlichen Pflichtfachprüfung und der zweiten Staatsprüfung zulässigen Hilfsmittel sind bundesweit einheitlich.

(2) 1Die Prüflinge dürfen die zulässigen Hilfsmittel selbst mitbringen. 2Die zuständigen Justizprüfungsämter stellen allen Prüflingen, die nicht ihre eigenen Hilfsmittel nutzen, die zulässigen Hilfsmittel kostenfrei zur Verfügung.

(3) Die zuständigen Justizprüfungsämter legen die relevanten Gesetze fest, anstatt bestimmte Gesetzessammlungen vorzugeben, sodass es den Prüflingen überlassen bleibt, welche Bücher genutzt werden.

(4) Unterstreichungen bzw. farbige Hervorhebungen und Paragraphenverweise in den Hilfsmitteln sowie die Verwendung von Griffregistern sind unbegrenzt zulässig.

§ 32 Schriftlicher Teil

(1) 1Der schriftliche Teil der staatlichen Pflichtfachprüfung besteht aus maximal sechs Klausuren. 2Diese sollen sich aus drei Zivilrechtsklausuren, zwei Klausuren im öffentlichen Recht und einer Strafrechtsklausur zusammensetzen.

(2) 1Die Zweitkorrektur erfolgt ohne Kenntnis des Votums und der Benotung durch die Erstkorrektur (verdeckte Zweitkorrektur). 2Ab einer Abweichung von drei Punkten zwischen Erst- und Zweitkorrektur soll ein Stichentscheid durchgeführt werden. 3Bei Abweichungen darunter soll zumindest ein Annäherungsverfahren durchgeführt werden.

(3) Das “Abschichten” im schriftlichen Teil der staatlichen Pflichtfachprüfung muss im gesamten Bundesgebiet möglich sein.

(4) Die zuständigen Justizprüfungsämter stellen allen Prüflingen ausreichend liniertes und mit dem erforderlichen Korrekturrand versehenes Klausurpapier bereit.

(5) 1Nach maximal zwei aufeinanderfolgenden Prüfungstagen muss ein prüfungsfreier Tag eingeplant werden. 2Innerhalb einer Kalenderwoche dürfen maximal vier Aufsichtsarbeiten angefertigt werden.

§ 33 E-Examen

(1) 1Die zuständigen Justizprüfungsämter schaffen die Voraussetzungen für das elektronische Ablegen der Aufsichtsarbeiten sowohl in der staatlichen Pflichtfachprüfung als auch in der zweiten Staatsprüfung (“E-Examen”). 2Die Studierenden haben dabei die Wahl zwischen elektronischer und handschriftlicher Bearbeitung.

(2) 1Im Rahmen des E-Examens ist die Anfertigung des gutachterlichen Textes auf einem Laptop oder einem PC möglich. 2Sachverhalte und Hilfsmittel sollen sowohl analog als auch elektronisch bereitgestellt bzw. zugelassen werden.

(3) 1Die zuständigen Justizprüfungsämter geben ein Jahr vor den schriftlichen Prüfungen bekannt, welche Hard- und Software bereitgestellt wird. 2Bundesweit soll dieselbe Hard- und Software eingesetzt werden. 3Die Prüflinge sollen in den elektronischen Prüfungen eigene Peripheriegeräte, wie z.B. Tastatur, nutzen dürfen. 4Das verwendete Textverarbeitungsprogramm ist kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

(4) 1Die Speicherung der Bearbeitung erfolgt zentralisiert und in Echtzeit, sodass bei technischen Problemen nahtlos auf einem anderen Gerät weitergearbeitet werden kann. 2Die hierfür vor Ort erforderliche Geräteredundanz ist durch das zuständige Prüfungsamt sicherzustellen.

(5) 1Sofern elektronische Prüfungen nicht im gesamten Bundesgebiet möglich sind, muss die Software auf Basisfunktionen beschränkt bleiben. 2Sobald elektronische Prüfungen für alle Prüflinge im Bundesgebiet möglich sind, soll die Software um solche Funktionen erweitert werden, die das Gutachtenschreiben erleichtern, wie eine Rechtschreibkorrektur und eine automatische juristische Gliederung.

(6) 1In Vorbereitung auf das E-Examen können die Studierenden die verwendete Hard- und Software in der universitären Ausbildung regelmäßig ausprobieren. 2Die Fakultäten und Fachbereiche sollen bereits während des Studiums eine Wahlmöglichkeit zwischen digitaler und handschriftlicher Bearbeitung der Klausuren anbieten. 3Spätestens mit Beginn der Examensvorbereitung muss eine solche Wahlmöglichkeit bestehen.

(7) 1Die Prüfungssoftware wird als Open-Source-Lösung gestaltet. 2Eine Verarbeitung der Prüfungsdaten darf nicht mittels Blockchain-Technologie erfolgen.

§ 34 Mündlicher Teil

(1) 1Für die Zulassung zum mündlichen Teil der staatlichen Pflichtfachprüfung soll im schriftlichen Prüfungsteil ein Durchschnitt von mindestens 3,5 Punkten erreicht worden sein. 2Dies erfordert das Bestehen von mindestens der Hälfte der schriftlichen Klausuren (min. 4 Punkte).

(2) Der mündliche Teil soll mit einem Anteil von 33 % bis 40 % in die Gesamtnote der staatlichen Pflichtfachprüfung eingehen.

(3) Es sollen maximal vier Personen gleichzeitig geprüft werden.

(4) Die Prüfungskommissionen des mündlichen Teils sind divers zu besetzen, insbesondere mit Personen unterschiedlichen Geschlechts sowie mit Personen mit Migrationshintergrund.

§ 35 Freischuss & Verbesserungsversuche

(1) Die Zahl der in der staatlichen Pflichtfachprüfung zur Verfügung stehenden Versuche ist zu erhöhen.

(2) 1Bei Bestehen des ersten regulären Versuches der staatlichen Pflichtfachprüfung soll ein Verbesserungsversuch gewährt werden. 2Dieser muss neben dem Freiversuch und unabhängig von der Teilnahme an diesem ermöglicht werden.

(3) 1Die Bedingungen für die Verlängerung der Freischussfrist sind bundeseinheitlich anzugleichen. 2Für Gremienarbeit in der gewählten Fachschaftsvertretung können bis zu drei Semester auf die Berechnung der Freischussfrist angerechnet werden.

(4) 1Grundsätzlich soll eine Höchstgrenze von vier Semestern bei der Anrechnung von Freisemestern nicht überschritten werden. 2Hiervon kann in begründeten Einzelfällen abgewichen werden. 3Härtefälle (Behinderung, chronische Krankheiten, schwere Erkrankungen) müssen bei der Berechnung der Höchstzahl der Freisemester unberücksichtigt bleiben.

§ 35a Qualitätssicherung

(1) 1Die staatliche Pflichtfachprüfung muss einer regelmäßigen Qualitätssicherung von den zuständigen Justizprüfungsämtern unterzogen werden. 2Nur eine qualitativ hochwertige Prüfung kann dem eigenen Anspruch an eine qualitativ hochwertige Ausbildung gerecht werden.

(2) Zu einer Qualitätssicherung gehören eine regelmäßige externe prüfungswissenschaftliche Untersuchung der geschriebenen Klausuren und der Ergebnisse, eine Vorkontrolle der gestellten Klausuren durch Volljurist:innen, die im Vorfeld unter Examensbedingungen selbst eigene Gutachten anfertigen und die Sicherstellung guter Organisation und zumutbarer Prüfungsbedingungen am Prüfungsort.

(3) Die jeweiligen Bundesländer haben für eine ausreichende Finanzierung der Prüfungsämter für die Qualitätssicherung zu sorgen.

§ 36 Universitäre Repetitorien

(1) 1Jede Hochschule bietet ein Repetitorium (sog. Uni-Rep) an, das vollumfänglich auf die erste juristische Prüfung vorbereitet. 2Essentiell wichtig für ein gutes Repetitorium sind Hauptkurs, Klausurenkurs, Aktuelle Rechtsprechung und die Möglichkeit, ein Probeexamen mitzuschreiben. 3Die inhaltliche Ausgestaltung soll durch die verantwortlichen Lehrstühle bzw. Dozierenden koordiniert werden. 4Die Hochschulen sollen bei der Gestaltung der Uni-Reps kooperieren. 5Dies kann beispielsweise durch einen Austausch unterrichtsbegleitender Materialien geschehen.

(2) 1Beratungsangebote sollen über die Möglichkeit der selbstständigen Examensvorbereitung aufklären und Hilfe bei der Erstellung von Lernplänen gewähren. 2Zudem soll an den Fakultäten und Fachbereiche eine entsprechende Lernpartner:innenvermittlung angeboten werden.

(3) 1Eine administrative Koordinationsstelle soll den reibungslosen Ablauf des Repetitoriums kontrollieren und gewährleisten. 2Zusätzlich soll die Stelle als Ansprechpartnerin für Studierende dienen und eine stetige Verbesserung anstreben. 3Es ist wünschenswert, dass eine Bundeskoordinierungsstelle der Hochschulen Lernmaterialien in höchstmöglicher Qualität bereitstellt.

(4) 1Die Wahrnehmung des Uni-Reps darf mit keinen zusätzlichen Kosten für die Studierenden verbunden sein. 2Unterrichtsbegleitende Materialien sind von der Hochschule zu stellen.

(5) 1Der Hauptkurs soll den Prüfungsstoff umfassend anhand eines in sich schlüssigen Konzepts vermitteln. 2Dies kann anhand einer umfangreichen Bearbeitung von Fällen vermittelt werden. 3Der Prüfungsstoff kann entweder anhand spezifischer kleinerer Fälle oder mithilfe eines umfangreichen stoffübergreifenden Falles erarbeitet werden. 4Ferner kann die Stoffvermittlung auch durch abstrakte Wissensvermittlung durchgeführt werden. 5Die Dozierenden erläutern beispielhaft, wie Examensklausuren sinnvoll zu lösen sind. 6Dies kann entweder durch die interaktive Falllösung von größeren Fällen oder durch abstrakte Darbietung geschehen. 7Gerade die Darstellung von Problemen innerhalb einer Falllösung soll behandelt werden.

(6) 1Der Klausurenkurs soll mindestens einmal pro Woche angeboten werden. 2Er soll die Examenssituation realitätsnah darstellen, d.h. fünf Stunden dauern und examensrelevante Probleme beinhalten. 3Den Studierenden soll lediglich die Fachsäule bekannt sein. 4Die Klausuren sollen proportional zur Aufteilung in der staatlichen Pflichtfachprüfung angeboten werden. 5Die Studierenden sollen die Möglichkeit haben, die Klausur ortsungebunden zu schreiben. 6Die Korrektur hat kostenlos, ausführlich und hilfreich zu erfolgen. 7Es soll eine ausformulierte Musterlösung samt Lösungsskizze und einen Besprechungstermin geben. 8Die Rückgabe und der Besprechungstermin sollen nach spätestens drei bis vier Wochen erfolgen. 9Die Dozierenden der Klausurenkurse sollen den Studierenden die Möglichkeit geben, ihre in den Klausuren erstellten Falllösungen individuell zu besprechen. 10Dies kann durch ein Einzelcoaching mit den jeweiligen Klausursteller:innen oder einer hierzu geschaffenen Stelle geschehen. 11Dabei muss vor allem auf die Einzelprobleme in den Falllösungen eingegangen werden. 12In dem Einzelcoaching soll vor allem auf häufige Fehler des:der einzelnen Bearbeitenden eingegangen werden und dem:der Studierenden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden, diese Fehler für künftige Klausuren zu vermeiden. 13Wiederholer:innen soll die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Klausurtechnik zu verbessern.

(7) 1Jede Hochschule soll mindestens einmal im Halbjahr ein Probeexamen unter Examensbedingungen anbieten. 2Die gestellten Fälle müssen dem Umfang und der Komplexität der Examensfälle entsprechen. 3Im Idealfall sollen Altexamensklausuren verwendet werden. 4Eine kostenlose, ausführliche und hilfreiche Korrektur nach Examensmaßstäben muss gewährleistet sein. 5Es soll eine Lösungsskizze und einen Besprechungstermin geben.

(8) Allen Examenskandidat:innen soll pro Halbjahr die aktive Teilnahme an simulierten mündlichen Prüfungen ermöglicht werden.

(9) 1Es sollen regelmäßig Veranstaltungen zur aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung stattfinden. 2Dabei sollen alle Rechtsgebiete abgedeckt werden. 3Es soll in kurzer Zeit auf die wichtigsten Probleme und Entscheidungen eingegangen werden. 4Dies kann auch in den Hauptkurs integriert werden.

(10) Weitere Komponenten eines Uni-Reps können sein:

  1. a) 1Tutorien, in denen Fälle begleitend zum Hauptkurs behandelt werden, sollen eingeführt werden. 2Tutorien sollen eine Anzahl von 30 Personen nicht überschreiten, sodass eine Interaktion zwischen den Dozierenden und der Gruppe leicht möglich ist. 3Die Fälle sollen auf die Themen im Hauptkurs abgestimmt sein. 4Die Hochschule soll eine Plattform für die Organisation von Lerngruppen bereitstellen.
  2. b) In speziellen Kursen soll mit den Studierenden die juristische Methodik und Argumentation eingeübt werden.
  3. c) 1Die Hochschulen sollen neben den Präsenzveranstaltungen Möglichkeiten für Studierende bieten, sich auch online auf das Examen vorzubereiten. 2Dies kann durch Virtuelle Hochschulen oder E-Learning-Programme ausgestaltet werden. 3Studierende sollen die Möglichkeit haben, ihren Wissensstand über eine Onlineabfrage zu kontrollieren. 4Die Online-Angebote sollen den Studierenden vor allem als Wiederholung und Vertiefung der Präsenzveranstaltungen dienen.
  4. d) 1In Crashkursen soll durch die Dozierenden ein Themengebiet komprimiert und in kurzer Zeit dargestellt 2Dabei können sowohl Nebengebiete (ZPO, Handelsrecht, Europarecht etc.), als auch Hauptgebiete regelmäßig, zu sinnvollen Zeitpunkten, abgedeckt werden.

(11) 1Ein psychologisches Angebot ist wünschenswert. 2Dies kann in Form von Beratung für Examensvorbereitende angeboten werden. 3Insbesondere soll dieses Angebot für Wiederholer:innen gelten.

(12) 1Ein abgetrennter Lernbereich für Examensvorbereitende, sowie fest zugeteilte Spinde sollen vorhanden sein. 2Eine Sonderausleihe von Examensliteratur wäre wünschenswert.

VII. Schwerpunktbereich

§ 37 Erhalt des Schwerpunktbereichs

Die Schwerpunktbereichsausbildung ist als Teil der juristischen Ausbildung beizubehalten, da sie die Möglichkeit zur persönlichen und universitären Profilbildung sowie zur wissenschaftlichen Arbeit in persönlichen Interessengebieten eröffnet.

§ 38 Zeitpunkt des Schwerpunktbereichsstudiums

(1) Die Studierenden haben die Wahl, ob sie zuerst den universitären oder den staatlichen Teil der ersten Prüfung ablegen.

(2) 1Denjenigen, die zunächst ihren Schwerpunkt und sodann die staatliche Pflichtfachprüfung ablegen, wird die Dauer des Schwerpunkts auf den Freischuss angerechnet. 2Die Freischussfrist ist dementsprechend zu erhöhen.

(3) 1Ein Vorziehen des Schwerpunkts darf nicht mit Verlust der BAföG-Berechtigung einhergehen. 2Die Regelstudienzeit ist in diesem Fall zu erhöhen.

§ 39 Umfang des Schwerpunktbereichs

1Der Umfang des Schwerpunktes soll 16 – 20 Semesterwochenstunden (SWS) betragen. 2Eine Abgrenzung soll aber nicht primär nach SWS, sondern nach tatsächlichem Arbeitsaufwand erfolgen.

§ 40 Inhalte des Schwerpunktbereichsstudiums

(1) 1An allen juristischen Fakultäten und Fachbereichen soll ein möglichst breites Angebot an verschiedenen Schwerpunktbereichen bestehen. 2Hierbei sollen sich die Hochschulen vor allem auf ihre Forschungsschwerpunkte konzentrieren.

(2) Der Stoff der Schwerpunktbereiche und der Pflichtfachstoff dürfen sich nicht so überschneiden, dass es zu übermäßigen Vorteilen von Teilnehmenden einzelner Schwerpunktbereiche kommt.

§ 41 Voraussetzungen für die Schwerpunktbereichsprüfung

1Die erfolgreiche Ablegung einer Prüfungsleistung in Form einer wissenschaftlichen Themenarbeit soll Voraussetzung zur Anmeldung für die Schwerpunktbereichsprüfung werden. 2Diese Themenarbeit soll sich vertieft und wissenschaftlich mit einem bestimmten Thema beschäftigen. 3Die Studierenden sollen ihre Themen frei oder zumindest aus einer Liste von möglichen Themen auswählen können. 4Zur Vorbereitung soll den Studierenden durch entsprechende Veranstaltungen die wissenschaftliche Methodik nähergebracht werden.

§ 42 Schwerpunktbereichsprüfung

(1) Die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung soll sich aus Klausur, Seminararbeit und mündlicher Prüfung zusammensetzen.

(2) 1Um die bundesweite Vergleichbarkeit der Schwerpunktbereiche zu fördern, müssen Art und Umfang der Leistungsnachweise der Schwerpunktbereichsausbildung vereinheitlicht werden. 2Die inhaltliche Ausgestaltung der Schwerpunktbereichsausbildung obliegt weiterhin den einzelnen Universitäten. 3Es darf keine Vereinheitlichung der Prüfungsinhalte zwischen den Hochschulen, ähnlich einem bundesweiten „Zentralabitur“, stattfinden, da sie den Zielen der Spezialisierung zuwiderläuft.

(3) 1Die Studierenden wählen ihre Themen frei oder zumindest aus einer vorgegebenen Liste von möglichen Themen. 2Sofern die Studierenden die Themen selbst wählen können, hat die Zweitkorrektur in Unkenntnis des Bearbeitenden zu erfolgen. 3Bei einer Differenz zwischen Erst- und Zweitkorrektur von mehr als drei Punkten ist eine dritte Korrektur, die ebenfalls als Blindkorrektur erfolgt, einzuholen.

(4) 1Die mündliche Prüfung ist von mindestens zwei Prüfer:innen abzunehmen. Der Prüfungskommission soll mindestens ein:e in dem Schwerpunkt unterrichtende:r Professor:in beiwohnen.

(5) Die Schwerpunktbereichsnote soll weiterhin mit einem Anteil von mindestens 30 Prozent in die Gesamtnote der ersten juristischen Prüfung einfließen.

VIII. Praktisches

§ 43 Organisation der praktischen Studienzeiten

(1) 1Praktische Studienzeiten können sowohl in der vorlesungsfreien Zeit als auch in der Vorlesungszeit abgeleistet werden. 2Dies ermöglicht eine flexiblere Gestaltung des Studiums.

(2) Es soll nicht vorgeschrieben sein, dass Pflichtpraktika erst nach Abschluss einer gewissen Anzahl von Fachsemestern absolviert werden können.

(3) 1Verpflichtende Gerichts-, Gruppen- oder Verwaltungspraktika sowie sonstige Pflichtstationen sind zugunsten einer vollen Wahlfreiheit abzuschaffen. 2Zudem soll nicht mehr vorgeschrieben werden, dass mehrere Rechtsbereiche abgedeckt werden müssen.

(4) Es soll verbindliche Anerkennungsregelungen für ein nach den Regeln eines anderen Bundeslands absolviertes Praktikum geben.

(5) Die Studierenden sollen während ihrer Praktika von einer Person betreut werden, die eine volljuristische oder vergleichbare Ausbildung hat.

(6) 1Die Hochschulen sollen Zentren zur Unterstützung der Studierenden bei der Suche und der Vorbereitung praktischer Studienzeiten schaffen. 2Das Zentrum soll durch eine Datenbank mit Praktikumsplätzen eine Mittlerfunktion zwischen Praktikumsgebenden und Studierenden einnehmen. 3Zudem sollen dort Erfahrungsberichte über absolvierte Praktika gesammelt werden, anhand derer sich die Studierenden ein Bild von möglichen Praktikumsplätzen machen können. 4An den Hochschulen sollen vorbereitende Kurse wie etwa Recherchekurse oder Bewerbungstrainings angeboten werden.

§ 44 Qualität der praktischen Studienzeiten

(1) 1Die Erfahrung zeigt, dass die angebotenen Praktika in der Qualität variieren. 2Praktika werden von den Studierenden derzeit eher als Last statt als Chance wahrgenommen.

(2) 1Um diesem Defizit entgegenzuwirken, schlagen wir die Erstellung eines bundeseinheitlichen Leitfadens für juristische Praktika vor. 2Dieser soll wünschenswerte Mindestanforderungen an den Praktikumsinhalt formulieren. 3Insbesondere soll den Studierenden die Möglichkeit gegeben werden, aktiv an den Falllösungsprozessen teilzunehmen.

(3) 1Als Beispiel für ein sehr gutes Praktikumsmodell gilt das bundesweit einmalige Projekt „Modell Arnsberg“. 2In enger Zusammenarbeit von Richter:innen und Professor:innen wird hier im Rahmen eines Gerichtspraktikums die Vermittlung von Verfahrensrecht anhand praktischer Fälle und Erfahrungsberichten angeboten.

§ 44a Auslandsaufenthalte

(1) Jurastudierende müssen im Rahmen ihrer Ausbildung die Möglichkeit haben, ein Auslandssemester zu absolvieren.

(2) 1Seitens der Fakultät oder dem Fachbereich sollte eine gute Aufklärung und Informationsbeschaffung gewährleistet werden. 2Hierzu soll es regelmäßige, mindestens einmal im Semester stattfindende, Informationsveranstaltungen geben. 3Ebenso müssen hierfür „International Offices“ verstärkt werden.

(3) 1Den Studierenden darf durch das Auslandssemester kein Nachteil entstehen. 2Freischussverlängerungen bzw. Urlaubssemester müssen verstärkt werden. 3Belegte Kurse, erbrachte Prüfungsleistungen und Pflichtpraktika, welche im Ausland absolviert werden, müssen angerechnet werden.

(4) Ein Auslandssemester in Deutschland soll für internationale Studierende attraktiver gemacht und organisatorische Hürden abgebaut werden; insbesondere im Hinblick auf die Anrechnung von im Ausland erbrachten Prüfungsleistungen.

§ 45 Schlüsselqualifikationen

(1) 1Der Abschluss einer Schlüsselqualifikation soll verpflichtende Voraussetzung für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung sein. 2Über die erfolgreiche Teilnahme soll ein Zeugnis ausgestellt werden.

(2) 1Es ist ein möglichst breit gefächertes Angebot an Schlüsselqualifikationen bereitzustellen. Insbesondere sind Seminare zu Rhetorik und Mediation anzubieten. 2Zu fördern sind aber auch Kurse zur Vertragsgestaltung, Redewettstreits oder Vernehmungslehre. 3Darüber hinaus soll die Möglichkeit bestehen, für vergleichbare Veranstaltungen wie etwa Moot Courts einen Schlüsselqualifikationsschein zu erwerben.

(3) Der Besuch des Schlüsselqualifikationsseminars ist an kein Semester gebunden und soll bevorzugt im Blockseminar, d.h. in einer Veranstaltung, die inhaltlich und zeitlich dem Umfang von zwei Semesterwochenstunden entspricht, abgehalten werden.

(4) 1Die Anzahl der Teilnehmer:innen soll dem Zweck angemessen sein und sich eher an der Größe von Arbeitsgemeinschaften als an der von Vorlesungen orientieren. 2Examenskandidat:innen sollen im Falle einer Auslosung der Teilnehmer:innen bevorzugt werden.

(5) 1Die Schlüsselqualifikationsseminare sind von Lehrbeauftragten durchzuführen, die durch langjährige Erfahrung und eigene Fachkompetenz oder durch umfangreiche, qualifizierende Ausbildung zur Vermittlung der Inhalte geeignet sind. 2Es empfiehlt sich, verstärkt auf Praktiker:innen wie z. B. Richter:innen oder Rechtsanwält:innen als Dozierende zurückzugreifen.

(6) Um Kompetenzen und Finanzierung zu bündeln und die Vereinheitlichung der Standards zu erleichtern, soll an jeder Hochschule ein Kompetenzzentrum eingerichtet werden, das juristische Schlüsselqualifikationen fördert.

§ 46 Moot Courts

(1) 1Ein Moot Court ist ein oftmals internationaler Wettstreit unter Studierenden verschiedener Hochschulen, bei dem ein Gerichtsverfahren nachgestellt wird. 2Die Studierenden können dabei ihre Fähigkeiten in Bezug auf Teamarbeit, Argumentation und Rhetorik entwickeln und verbessern.

(2) Die Fakultäten und Fachbereiche sollen kompetenzorientierte In-House-Moot Courts einrichten und fördern.

(3) 1Die Vorbereitungen auf den Moot Court erfordern eine intensive und zeitaufwendige Auseinandersetzung mit der jeweiligen juristischen Materie. 2Zur Kompensation der damit einhergehenden zeitlichen Nachteile hinsichtlich des Studienplans soll ein einheitlicher Ausgleich in Form des Erwerbs der Schlüsselqualifikationen, des Seminarscheins und ggf. des Sprachenscheins geschaffen werden. 3Bei besonders zeitaufwändigen Moot Courts soll zudem die Freischussfrist um ein Semester nach hinten verschoben werden können.

§ 47 Law Clinics

(1) 1Law Clinics ermöglichen Studierenden, ihre juristischen Fähigkeiten schon während des Studiums praktisch einzusetzen und ihre sozialen Kompetenzen weiterzuentwickeln. 2Studierende senken durch ihr Engagement Zugangshürden zum Recht und entwickeln ein Bewusstsein für die gesellschaftliche Wirkung rechtlicher Weichenstellungen. 3Ziel soll deshalb eine umfassende Anerkennung und Förderung der Clinical Legal Education sein.

(2) 1Clinical Legal Education muss flächendeckend und strukturell gefördert werden. 2Jede Law Clinic muss verlässlichen, bedarfsgerechten Zugang zu Infrastruktur, Supervision und personellen Ressourcen erhalten.

(3) 1In jedem Bundesland muss es Regelungen zur Anrechnung von Law Clinic-Arbeit auf die Freiversuchsfrist geben, die sowohl die organisatorische als auch die beratende Tätigkeit berücksichtigen. 2Gleichermaßen soll es möglich sein, im Rahmen einer Law Clinic Schlüsselqualifikationen oder den Seminarschein zu erwerben, praktische Studienzeiten abzulegen und ECTS-Punkte in Bachelor- und Masterstudiengängen zu sammeln.

§ 48 Berufsvorbereitung

(1) Die Fakultäten und Fachbereiche sollen die Studierenden frühzeitig darüber informieren, welche Berufswege Absolvent:innen offenstehen.

(2) Die Fakultäten und Fachbereiche bieten in Zusammenarbeit mit Fachschaften, Kanzleien und anderen juristischen Kooperationspartner:innen (z.B. Law Clinics) freiwilligen Lehrangebote zur Vorbereitung der anwaltlichen Berufspraxis an.

(3) Im Fokus sollen folgende Themenschwerpunkte stehen:

  1. a) Den Studierenden soll ein grober Überblick über das spezielle Standesrecht sowie die Funktionsweise des rechtsanwaltlichen Kammerwesens gegeben werden.
  2. b) 1Es soll ein Überblick über die Berufshaftung erfolgen. 2Dabei ist auf die Besonderheiten des Standesrechts einzugehen (bspw. Mindestversicherungssumme).
  3. c) 1Es empfiehlt sich ein Einblick in eine ordentliche Aktenführung. 2Dabei ist sowohl auf die Mandatsakten als auch auf die Buchhaltung einzugehen. 3Behandelt werden sollen zudem die elektronischen Möglichkeiten (bspw. das „Anwaltspostfach“).
  4. d) 1Behandelt werden soll die Beschaffung valider Informationen und die Gewichtung der Informationsquellen, sowie die Priorisierung und sachgerechte Bearbeitung von Kommunikationsmitteln. 2Insbesondere die Nutzung digitaler Anwendungen (Bsp.: e-Akte) innerhalb der juristischen Arbeit soll im Fokus stehen.
  5. e) Es soll unternehmerische Führungskompetenz angeeignet werden, welche sich in betriebswirtschaftliche, soziale sowie moderative Zusatzqualifikationen gliedert.
  6. f) Es sollen Kenntnisse insbesondere in Verhandlungsführung, Mediation, Moot Court, Interessenauslotung, Umgang mit Mandant:innen, Schriftverkehr und behördlicher Zusammenarbeit (Gegenpartei, StA, Gericht, Verwaltung, etc.) erlangt werden.

(5) Das auf freiwilliger Basis aufgewendete fachliche Engagement ist adäquat durch fakultäts- oder fachbereichsspezifische Anerkennung von Prüfungsleistungen zu würdigen (zum Beispiel durch Ausstellen eines Schlüsselqualifikationsscheins).

(6) 1Um die Studierenden für den späteren Umgang mit ihren Klient:innen zu sensibilisieren, sollen an den Hochschulen Pat:innenprojekte gefördert werden, in deren Rahmen Insass:innen einer Justizvollzugsanstalt über einen längeren Zeitraum hinweg von Studierenden betreut werden. 2Zudem sind Besuche im Gefängnis oder bei Gerichtsvollzieher:innen anzubieten. 3Dies ermöglicht es den Studierenden, menschliche Hintergründe zu erforschen sowie Realitäten und Strafzwecke zu begreifen.

§ 48a Reduktion des psychischen Drucks

(1) Der psychische Druck im Jurastudium ist zu senken.

(2) Die Lehrenden und Prüfenden sind für psychischen Druck und dessen Ursachen zu sensibilisieren.

(3) Die Hochschulen sollen geeignete und auf die Herausforderungen des Jurastudiums zugeschnittene kostenlose Unterstützungsangebote zur Senkung des psychischen Drucks bereitstellen.

IX. Studienbedingungen

§ 49 Mentor:innenprogramm

(1) 1An den Fakultäten und Fachbereichen ist ein Mentor:innenprogramm für alle Studierenden einzurichten bzw. zu fördern. 2Das Programm soll sich insbesondere an Studienanfänger:innen und Menschen mit belastenden Situationen sowie psychisch oder physisch Beeinträchtigte richten, die Unterstützung bei der Studienorganisation benötigen.

(2) 1Die Mentor:innen sollen für ihr ehrenamtliches Engagement entlohnt werden. 2Möglich ist die Anerkennung als Schlüsselqualifikation, eine Verlängerung der Freischussfrist oder das Ausstellen von Zertifikaten.

(3) Mentor:innenprogramme sollen von den Hochschulen finanziell unterstützt werden.

§ 50 Antidiskriminierung

(1) 1Niemand darf aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Sprache, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität, der sexuellen Orientierung oder des sozialen Status diskriminiert werden. 2Der Schutz vor Diskriminierung und die Gewährung von Hilfestellen für Studierende soll ausgeweitet und gefördert werden.

(2) 1Bei der Konstruktion von Sachverhalten ist darauf zu achten, dass keine Stereotypen und Rollenklischees bedient und somit verstärkt werden. 2Die Gleichstellungsbeauftragten dienen als vertrauliche Ansprechpartner:innen für (anonyme) Be-schwerden und ergreifen bei Vorliegen eines diskriminierenden Sachverhalts die erforderlichen Maßnahmen.

§ 51 Gleichstellung

(1) Bei der Erbringung von universitären Leistungen darf die Verwendung von gendergerechter Sprache nicht negativ in die Bewertung einfließen.

(2) 1Jede Fakultät und jeder Fachbereich benennt eine:n Gleichstellungsbeauftragte:n. 2Diese:r arbeitet in enger Zusammenarbeit mit Fachschaft und der Fakultät oder dem Fachbereich.

(3) 1Die Fakultäten und Fachbereiche sollen freiwillige Veranstaltungen zum Thema kritischer und alternativer Rechtstheorien, inklusive feministischer Rechtstheorien, anbieten. 2Zudem sollen Veranstaltungen zum Thema Gender Education in das Kursangebot aufgenommen werden.

§ 52 Religion im Studium

1Zu der religiösen Freiheit der Studierenden gehört auch das Tragen von religiösen Symbolen an Hochschulen, sowohl auf dem Campus als auch in Veranstaltungen. 2Leistungsbewertungen orientieren sich an der fachlichen Eignung und nicht am äußeren Erscheinungsbild oder der religiösen Zugehörigkeit. 3Die Hochschulen sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten neutrale Räume der Stille bereitstellen.

§ 53 Bildungsgerechtigkeit

(1) 1Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit im Studium sind zu fördern. 2Studieninteressierten ist gleichermaßen und unabhängig von der sozialen Herkunft der Zugang zum akademischen Bildungsweg zu ermöglichen.

(2) 1Die Hochschulen führen Informationsveranstaltungen durch, um für den akademischen Bildungsweg zu werben, Ängste und Vorbehalte abzubauen und Möglichkeiten aufzuzeigen, das Studium unabhängig von der jeweiligen persönlichen finanziellen Leistungsfähigkeit aufzunehmen. 2Zusätzlich sind Informationsmaterialien in Form von Broschüren, Plakaten oder über sonstige mediale Wege bereitzustellen.

(3) 1Chancengleichheit wird insbesondere durch das Bereitstellen kostengünstiger oder -freier Lernmaterialien gefördert. 2Daher sollen insbesondere von Seiten der Dozierenden vorlesungsbegleitende Skripte zur Verfügung gestellt werden. 3Darüber hinaus kann finanzielle Entlastung durch Sammelbestellungen, Sponsoring durch Wirtschaftsunternehmen und Verlagen sowie den Erhalt von Altmaterialien der Hochschulen erreicht werden.

§ 54 Studieren mit Behinderung

(1) 1Die Hochschulen fördern Inklusion. 2Der Zugang zur Bildung darf nicht aufgrund einer nicht behindertengerechten Ausstattung versperrt sein. 3Die Hochschulen informieren über die Situation vor Ort für Studierende mit körperlichen Beeinträchtigungen, insbesondere vor Studienbeginn.

(2) Die Hochschulen sowie Fakultäten und Fachbereiche setzen Integrationsbeauftragte für behinderte und chronisch kranke Studierende ein.

(3) An allen Hochschulen sind die Ausschilderungen (Lagepläne, Raumbeschilderungen etc.) in Blindenschrift abzubilden und die Bibliotheken behindertengerecht auszustatten, beispielsweise mit höhenverstellbaren Tischen oder Leitern für Regale.

§ 55 Vereinbarkeit von Studium und Familie

(1) 1Die Vereinbarkeit von Studium und Familie ist zu fördern. 2Insbesondere ist den Studierenden mit Kind(ern) der Studienalltag und die Prüfungsvorbereitung zu erleichtern. 3Zudem sind Bedingungen, um nach der Geburt eines Kindes Freisemester oder Urlaubssemester zu nehmen, zu erleichtern und zu vereinheitlichen.

(2) Die Fakultäten und Fachbereiche ernennen Ansprechpartner:innen, die Studierende mit Kind bei der Vereinbarkeit von Familie und Studium unterstützen.

(3) In den Rankings/Evaluationen der Fakultäten und Fachbereiche soll eine Rubrik zur Familienfreundlichkeit und Barrierefreiheit eingeführt werden.

§ 56 BAföG

(1) 1Durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) soll u.a. Studierenden die Ausbildung finanziell ermöglicht werden. 2Damit dies effizient gelingen kann, muss das Gesetz vereinfacht und an die tatsächlichen Studienbedingungen angepasst werden.

(2) Insbesondere

  1. ist die Förderung mindestens bis Ende des zehnten Semesters zu gewähren; dies gilt ungeachtet der Semesteranzahl ebenso für Verbesserungsversuche in der staatlichen Pflichtfachprüfung,
  2. ist der Verwaltungsaufwand zu verringern und sowohl für Studierende als auch Behörden so gering wie möglich zu halten,
  3. ist den Behörden für die Bewilligung ein weiter Ermessensspielraum zu gewähren,
  4. sind die Freibeträge z.B. aus Nebenjobs sowie die Mindestsätze zu erhöhen und
  5. ist eine individuell angepasste Kreditrückzahlung zu ermöglichen.

X. Demokratisierung der Entscheidungs­strukturen

§ 57 Beratungsgremium der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister [sic!]

1Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister [sic!] soll ein weisungsunabhängiges, pluralistisch besetztes und sachverständiges Gremium einsetzen, welches in regelmäßigen Abständen  den Justizminister:innen Empfehlungen für die juristische Ausbildung unterbreitet. 2Das Gremium soll insbesondere Fakultäten und Fachbereiche, Vertretungen der Praxis sowie Studierendenvertretungen als ständige Mitglieder inkludieren. 3Die Empfehlungen dieses Gremiums sollen öffentlich gemacht werden.

§ 58 Transparenz der Entscheidungsfindung

1Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister [sic!] soll ihre Entscheidungen und Entscheidungsfindungsprozesse transparent kommunizieren. 2Dies umfasst insbesondere, die Geschäftsordnung offen zu legen und die zu den Beschlüssen dazugehörigen Abwägungsgründe ausführlich darzulegen.

Resolutionen

Neben den Beschlüssen im Grundsatzprogramm kann sich die Mitgliederversammlung durch Resolutionen zu aktuellen Themen öffentlich positionieren.